„Fußball ist Gesellschaft“

Jetzt zitiere ich schon Fußballblogs. Ich Fußballignorantin! Die Inspiration kommt aus Nordthüringen, genauer gesagt vom Fußballinternat der DFA in der Hagemühle bei Lengenfeld u.Stein. Der Trägerverein (früher: Aktion Verantwortlich Leben) verbindet Fußball und die Eine-Welt-Idee. Naheliegend eigentlich, aber trotzdem selten. Glückwunsch an die Aktiven!

Der Verein hatte mich zu einem Vortrag über commons eingeladen. Bei solchen Gelegenheiten frage ich mich immer, wie ich das Thema mit der jeweiligen Gegend und den Erfahrungen der Zuhörerschaft verbinde. Commons sind bekanntlich überall, eine alltagspraktische Sorge sozusagen. Spiele und Spielregeln sind commons.

Es gibt ein paar Sets von Grundregeln. Doch überall in der Welt, gar von Dorf zu Dorf, von Familie zu Familie wird ein bisschen anders gespielt. Heraus kommt bunte Vielfalt, von der entsprechenden community an die Gegebenheiten angepasst. Es ist schließlich nicht dasselbe, ob Mann im Mittelgebirge Mitteleuropas als Profi oder frau in den bolivianischen Anden, auf ca 3000 m nach getaner Arbeit bolzt. Fußballvielfalt existiert solange keine Verwertungsrechte an Spielen und keine Privateigentumsrechte an Spielregeln vergeben werden. Letzteres ist nicht der Fall, aber die Sache mit den Verwertungsrechten, dh. der Totalkommerzialisierung ums runde Leder treibt stattdessen unsägliche Blüten. Medien, Rechteverwerter und zahlungskräftige Vereine kontrollieren den Kauf und Verkauf von Spielern, den Zugang zu den Stadien und vieles mehr. Wie sagt der Fußballblogger: „Der Fußball muss akzeptieren, dass er nicht ein urheberrechtlich geschütztes Werk, vergleichbar mit einem Film, ist. Fußball ist Gesellschaft, Fußball ist von so hohem öffentlichem Interesse, dass er Einschnitte in seine Rechte akzeptieren muss.“ Gemeint ist wohl: die Rechteverwerter des Spiels müssen das akzeptieren. Hoffentlich noch lange.

Marko Härtl  

4 Gedanken zu „„Fußball ist Gesellschaft“

  1. Wo Du von Spielen schreibst: Es gibt in der Brett- und Kartenspielszene seit langem einen unseligen Trend commons-Spiele, also über Generationen entstandene Spiele, die meist per Mundpropaganda variantenreich weitergegeben werden, in eine Schachtel zu packen, eine Variante rauszudeuten, sich einen Namen einfallen zu lassen und das dann zu vermarkten. Ein prominentes Beispiel ist vielleicht „Kniffel“. Das hat mir meine Oma schon als „Ludendorf“ (Ok, unseliger Name 😉 beigebracht lange bevor es auf den Markt kam. Heute kennt jeder Kniffel aber kaum einer die alte Variantenvielfalt.

  2. …solange Kniffel sich die Regeln nicht als „geistiges Eigentum“ schützen lässt, ist das eigentlich kein Problem. Solange darf doch jeder weiter Ludendorf spielen. Oder?

  3. @Jörg. Ich empfinde es trotzdem als Problem. Spiele sind ja nicht nur etwas, was man spielt oder nicht sondern sie sind auch Ausdruck einer Kultur. Und als solche werden sie sich in diesem Prozeß angeeignet. Natürlich darf noch jeder die alten Spiele spielen, es tut nur keiner mehr. Sie werden nicht mehr tradiert und verschwinden in ihrem Variantenreichtum. Und insbesondere werden sie auch kommerzialisiert und somit kulturelles Gemeineigentum in Privateigentum überführt. Das ist zumindestens die klassische fordistische Variante.

    Inzwischen ist das ganze noch eine Stufe rafinierter geworden: Kürzlich war ein solches aus den commons entnommenes Spiel sehr erfolgreich: http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Werw%C3%B6lfe_von_D%C3%BCsterwald

    Hier ist es jetzt nicht nur so, dass der alte Variantenreichtum („Mörderspiel“, „Mafia“, …) vereinheitlicht wurde, sondern hier wird dann darauf aufbauend eine ganze Fankultur im Internet gebildet, die auch wieder eigene Varianten baut. Commons 2.0 sozusagen. Aber jetzt alles angedockt an eine Firma, die ein Produkt verkauft.

  4. Pingback: Neues aus dem Commonsblog : www.who-owns-the-world.org

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