Leila macht Leihen leichter

Kaufen war gestern, heute ist Leila.“ Mit diesem Motto eröffnen Nikolai Wolfert und Silke Kolwitz ihren Tagungsvortrag über den Leihladen im Berliner Prenzlberg. Auch von einem bekannten Werbeslogan haben sie sich inspirieren lassen. Eins – zwei – drei – leih.

Als Hintergrund zitiert Nikolai Franz Alt, der daran erinnerte dass

„die Sonne keine Rechnungen schickt, sondern Energie schenkt.“ Ergo*: „Uns wurde die Welt geschenkt und wir sollten sie weiterschenken.“

Zudem haben die Leilas den Konsum als „Klimakiller Nummer Eins“ identifiziert. Darüber kann man sich bekanntlich streiten. Schließlich ist die Konsumgesellschaft nicht vom Himmel gefallen, sondern nur die Gestalt bzw. der Ausdruck des eigentlichen Problems.

Aber egal, die Praxis von Leila überzeugt und verdient insbesondere in unseren Städten viele Kopiererinnen und Kopierer. (Liebe Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker: Bitte stellen Sie Räume für Leihläden zur Verfügung, sobald dieser Wunsch an Sie herangetragen wird. Danke!)

In Leila soll erfahrbar werden, dass alle gewinnen, wenn wir teilen. Leihen statt kaufen spart Geld, entlastet von Staubfängern, führt zu intensiverer Ressourcennutzung und verbindet, erklärt Nikolai. Teilen bedeutet …weniger Ungleichheit und mehr Wohlstand für alle. Es geht dabei weg vom Linearen (Produktion – Handel – Entsorgung) und hin zum Zirkulären.

Ein Raum wurde in der Fehrbelliner Straße rasch gefunden. Er ist aber nicht mietfrei, sondern wird durch die Spenden (selbstbestimmte Mitgliedsbeiträge) der Leilas und Leilos finanziert. Der Laden möchte eine Mischung aus Bibliothek und Umsonstladen sein, Leih- und Verschenkkreisläufe in Gang bringen und damit die Bewegung unterstützen:

„weg vom privaten Eigentum hin zu den Commons.“

Und natürlich bietet Leila Raum für Austausch und Begegnung, denn – das war aus meiner Sicht auf der ganzen DIY Tagung zentral: Es gibt (als emanzipatorische Perspektive) kein Selbermachen ohne Gemeinsames Tun. Kein DIY ohne DIT (Do it Together) oder DIWO (Do it with others).

Hier liegt die Schnittstelle zwischen Do-it-yourselfers und Commons. Leila hat übrigens alles, was ein Commons so ausmacht, insbesondere:

  • eine gemeinsame Idee, die nicht gewinnorientiert ist, sondern auf gemeinschaftliche Nutzung(-sintensivierung) setzt
  • Regeln, die nicht starr sind und „mitgeregelt“ werden können
  • Prinzipien wie eine wert-unabhängige Reziprozität. In pad zu den Leila-Regeln klingt das so:„Wenn du eine Sache in den Pool eingebracht hast, kannst du auch nur eine Sache ausleihen. Wenn du zwei Sachen eingebracht hast, kannst du zwei ausleihen und so weiter. Dies hängt nicht vom Wert oder der Größe der Gegenstände ab…“.
  • Nutzung für den Gebrauch statt Äquivalententausch.„Die Sachen des gemeinschaftlichen Pools sind nur für den privaten Gebrauch bestimmt. Die kommerzielle Bewirtschaftung von Gemeingütern ist untersagt.“
  • Um die kommerzielle Weiternutzung auszuschließen, verweist Leila auf den Paragraphen 603 des BGB zum Vertragsmäßigen Gebrauch.

Die bisherigen Erfahrungen resümieren Nikolai Wolfert und Silke Kolwitz wie folgt:

  • positives Lebensgefühl selbst ein anderes Modell zu gestalten und daran mitzuwirken
  • viel Unterstützung bei der Umsetzung
  • sehr gut vom Kiez angenommen
  • gutes Medienecho (taz, Morgenpost, Süddeutsche, dpa, dapd)

Aber sie verweisen auch darauf, dass dauerhaftes ehrenamtliches Engagement schwierig ist. Der Gemeinschaftsladen ist jung, das soziale Umfeld im Prenzlauer Berg passt und politisch gewinnen diese Ideen und deren Pionier an Schwung, deshalb stehen die Chancen ganz gut, dass Leila die Zukunftsaufgaben meistert, etwa eine bessere Vernetzung mit weiteren Initiativen zu sichern, bei der Finanzierung nicht nur auf die (derzeit etwa 100) Mitglieder stützen und mehr Ladenbetreuung zu gewährleisten (bisher ist nur 3x wöchentlich geöffnet).

Ein Wohlstandsmüllentsorgungsproblem gab es bislang noch nicht – wozu vermutlich auch die Grenzen (Mitglieder – Nichtmitglieder) und die Leih-Regeln beitragen. Zudem ist der Ansatz, den Dingen noch einen Sinn zu geben, statt sie als Müll zu betrachten. Für alte Monitore oder Computer bahnt Leila zum Beispiel eine Kooperation mit einer Computerfirma an, die die Nachnutzung alter Computertechnik ermöglichen kann.

Mit dem Motto von Leila begann dieser Post. Mit einem Eintrag aus Leilas Gästebuch ist Schluss: „Leila, du bist umsonst, aber sexy.“

 

* Alle folgenden Zitate mit Ausnahme des letzten sind dem Vortrag von Wolfert/Kolwitz entnommen.

Foto: Screenshot von Leila + Collage auf DRadioWissen

8 Gedanken zu „Leila macht Leihen leichter

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  2. Das mit dem Verbot der kommerziellen Nutzung finde ich spontan etwas seltsam. Lässt sich kommerzielle Nutzung wirklich so genau definieren? Ich bin jedenfalls froh, dass es im Open-Source-Bereich diese Beschränkung nicht gibt. Ich könnte sonst diverse Dinge nicht tun (z.B. Werbung auf einer Website schalten) oder es wäre unklar, ob ich es darf.

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  4. Hey, toll. Der Laden ist genau in unserer Nachbarschaft. Und ich hatte das bisher irgendwie noch nicht mitgekriegt. Danke Silke, tolle Sache, werde sofort Mitglied und weiss auch schon was ich verschenken und verleihen kann.

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