Mit Big Society haben Commons nix gemein

Gedanken zu Commons und Macht

Steve Bell on the Big Society: [via]


update 01.03.2011

Auf der Internationalen Commonskonferenz Anfang November 2010 in Berlin, die Michel Bauwens im Jahr Null der Globalen Commonsbewegung ansiedelte, gab es neben dem vorgeschlagenen Programm Raum für selbstorganisierte Workshops. Solch ein Workshop wurde von Massimo De Angelis (Italien), Jai Sen (Indien) und Richard Pithouse (Südafrika) vorgeschlagen. Es ging um Macht, auch um die Macht der Commoners und um die Frage, wie der Vereinnahmung des Begriffs begegnet werden könne.

Der Titel des Workshops: Commoning through the crisis: creating commons power and resisting enclosures and cooptation„. Die Diskussionen kreisten um das Verhältnis zwischen Commons, Commoning und den aktuellen Krisen im Kontext bestehender Machtverhältnisse.

Massimo de Angelis erinnerte zunächst an die Krise der 70er Jahre, als das neoliberale Paradigma sich durchsetzte und in Großbritannien schließlich in der ersten neoliberal-konservativen Regierung von Margaret Thatcher mündete. Sie hatte kurzerhand erklärt: So etwas wie Gesellschaft gibt es nicht. Die aktuelle Rückkehr der britischen Konservativen an die Macht – dieses Mal in einer Koalition – falle nun mit einer Wirtschaftskrise zusammen, die vermutlich zu noch schärferen Budgetkürzungen führen werde als unter Thatcher. Aber da gibt es noch ein Problem, sagt de Angelis: Camerons politisches Programm eigne sich nämlich hervorragend zur allgemeinen Verwirrung.

Die Idee der britischen Konservativen wurde auf eine prägnante Formel gebracht: Big Society. Wir wüssten noch sehr wenig darüber, was genau das sein soll, aber der politische Prozess, der über diesen Begriff angestoßen wurde, könne – so Massimo de Angelis – durchaus als eine Art commoning interpretiert werden. So ist es dem Protokoll zu entnehmen, auf das ich mich beziehen muss, denn ich war leider beim Workshop nicht dabei (es liefen neun Workshops gleichzeitig und ich hoffe, von weiteren hier zu berichten). Aber vermutlich hätte ich an dieser Stelle intensiv nachgebohrt, denn es ist verwirrend, wenn ausgerechnet einer der Protagonisten der Commons-Debatte sagt, dass man die Gestaltung der Big Society als „commoning“ interpretieren könne? Wobei der Begriff des „commoning“ kaum in der Welt ist. Nein, denke ich, man kann die Big Society nicht als eine Art Commoning interpretieren, jedenfalls nicht so, wie sie von den britischen Konservativen derzeit umgesetzt wird.

Commoning kommt von unten, nicht von oben.

Bei Keimform findet sich eine Liste der Kernpunkte des Big Society Programms, so wie es den Menschen verkauft wird. Das klingt zunächst charmant.

  1. Mehr Macht den Gemeinschaften/Gemeinden
  2. Ermutigung der Leute, eine aktive Rolle in ihrer Gemeinde zu übernehmen
  3. Übertragung von Macht von der Zentrale zu lokalen Regierungen
  4. Unterstützung von Kooperativen, Freiwilligenverbänden, Wohlfahrtsorganisationen und sozialen Unternehmen
  5. Veröffentlichung von Regierungsdaten

Doch in der Praxis und im gegenwärtigen Kontext (also auch im Kontext der Machtverhältnisse) heißt das: die Menschen werden selbst entscheiden müssen, was in ihren communities gestrichen wird. Sie werden sich und ihre Interessen selbst aussortieren müssen, denn es ist kein Geld (mehr) da für lokale Kultur und Infrastrukturen. Das Vorgehen wird vorgegeben. Sie haben es nicht selbst entschieden. Die Regierung finanziert immerhin ‚Pilotprojekte‘, will sagen: Leuchtende Beispiele sollen der Regierung helfen, den staatlichen Scherbenhaufen im Hof der communities abzukippen. Man kann mit einiger Berechtigung der Ansicht sein, dass dieser Weg der erneuten Staatsverschlankung samt Verkaufsverpackung „schlauer“ ist, als der Weg, den die griechische Regierung derzeit einschlägt. Doch angesichts der Machtverhältnisse müsse man sich keine Illusionen machen, meint auch de Angelis, im Ergebnis würden die Mächtigen ermächtigt.

Das britische Big Society Programm hat also mit der Idee der Commons derzeit nix zu tun: Gar nix. Viel aber mit der Vereinnahmung einiger Grundgedanken der Commonsdebatte (cooptation), wie auch im Workshoptitel anklingt. Die Leute bekommen hier eine vermeintliche „Lösung“ präsentiert, die sie nicht selbst gewählt haben; in die sie sich fügen oder auch nicht. Es ist das Gegenteil des Commonsgedankens, denn die Forschung hat erwiesen, dass grossflächige Rezepturen und top-down Entscheidungsprozesse eher kontraproduktiv für gelingendes gemeinsames Ressourcenmanagement sind. Genau dieser Gedanke ist von der Commonsbewegung sehr ernst zu nehmen, denn daran können wir Regierungsentscheidungen und „big ideas“  messen.

Es gibt demnach mindestens zwei Voraussetzungen für ein potentielles Zusammengehen der Big Society-Idee mit den Commons.

1. Wenn communities darin unterstützt werden sollen, ihre Schulen, Bibliotheken, Swimmingpools und Alles-was-der-Mensch-zum-Guten-Leben-braucht, unter ihre Kontrolle bringen, dann brauchen sie die entsprechenden Mittel und Werkzeuge dafür (nicht nur Geld). Stefan Meretz hatte es auf Keimform so ausgedrückt:

„Ohne Ressourcen ist »Big Society« nur ein kommunitaristisches Entstaatlichungsprogramm.“

Andernfalls, fürchtet auch Massimo de Angelis, würden die communities mit der Zeit die Kontrolle wieder abgeben, und zwar an jene, die Zeit und Geld haben. Zumal ‚Markt und Staat‘ selbstredend versuchten, die Krise für die Erweiterung ihrer Macht zu nutzen. Hillary Wainwright wies aber auf dem Workshop auch darauf hin, dass eben diese Krise, die überall zu weiteren Einschnitten führte, die Menschen auch dazu motiviere, sich zu organisieren und gegen die Erosion ihrer communities und ihrer gemeinsamen Ressourcen und Infrastrukturen vorzugehen.

2. Die ganze Idee müsste zunächst von unten aufgerollt werden. Eine „Big Society“ beschließt man nicht am Kabinettstisch. Sie kann nur wachsen, wenn sie von den Menschen selbst debattiert, eingefordert und praktiziert wird, wenn vielfältige Ideen zur Verantwortungsübernahme für das Eigene, also wirkliches Commoning, von unten wachsen. (Falls jemand weiß, was dazu in England gerade läuft, schreibt es bitte in die Kommentare!) Das muss man sich vorstellen wie das Wachsen der Transition Town Bewegung, die nicht umsonst in England (Totnes) ihren Anfangspunkt nahm.

Letzteres ist natürlich ein Problem, denn wie Jai Sen in besagtem Workshop sehr zu Recht anmerkte, reden wir über sehr komplexe politische Prozesse und über kulturelle Differenzen. All dies erfordert sehr viel Zeit. Wir müssten uns deshalb

in der Debatte sehr langsam vorwärts bewegen, so dass alle Stimmen gehört werden können.“

Während es klare Übereinstimmungen zwischen unterschiedlichen Commonsbewegungen gäbe (etwa in der Landwirtschaft und in der digitalen Sphäre), gäbe es auch klare Unterschiede. Und diese aufzulösen ist ein hartes Stück Arbeit, doch

Wir brauchen eine gemeinsame Sprache, die auf Vertrauen innerhalb und zwischen den Bewegungen beruht.“

(hmm, nach den letzten Debatten auf der internationalen commoning-Liste kann ich sagen, dass wir davon noch einigermaßen weit entfernt sind.)

Wir brauchen also Zeit. Und das ist ein Riesenproblem, denn in vielerlei Hinsicht (Stichwort Klimawandel) bleibt keine Zeit! Lisinka Ulatowska und Brigitte Kratzwald haben deshalb nach dem Workshop die sehr berechtigte Frage aufgeworfen:

Wie können Commons in Zeiten der Krise wieder relevant werden? In einem Moment, in der die Commons Bewegung sich gerade erst formiert, aber die Krise sofortiges Handeln erfordert?“

Ich weiss es nicht; wenngleich ich Lisinka und Brigitte zustimme, dass schon relativ wenige Menschen einen Riesenunterschied machen:

Mit 8.000 – 10.000 Menschen, die wirklich miteinander kooperieren, könnten wir eine Kipppunkt in der Akzeptanz der Commons als wichtige Sozialform erreichen.

Was ich aber weiss ist, dass wir das nicht schaffen, wenn wir Cameron & Co die Commons in den Mund legen.

Denn so wie es derzeit läuft, scheint mir das wahrscheinlichere Ergebnis der „Big Society“ eine selbstfabrizierte Entmächtigung. Und das ist gar nichts Neues – eher ein Muster, das man immer wieder findet, wenn man sich mit der Geschichte des Kapitalismus befasst, die die Geschichte der Einhegung der Gemeingüter ist.

Eines meiner “Lieblingsbeispiele” ist die in der Entwicklungspolitik seit Jahrzehnten als alternativlos geltende Strategie der Sicherung von Landtiteln. Das gilt quer durch alle Lager (deshalb habe ich hier einen Beitrag der Welthungerhilfe verlinkt). Die zunächst einleuchtende Argumentation:

Kleinbauern werden zu Landeigentümern, was deren langfristiges Interesse an sorgsamer Bewirtschaftung erhöhe und zudem Schutz vor externem Zugriff biete. Doch wer hier die Machtverhältnisse ausblendet, übersieht rasch, wie fragil dieses Konstrukt ist. Wenn etwa die Produkte dieser Kleinbauern auf dem Markt nicht absetzbar sind, wenn es Ernteausfälle gibt oder massive Aufkaufversuche gestartet werden, wie das beim gegenwärtigen Run auf die letzten Agrarressourcen vorkommt, dann verkaufen die Bauern ihr Fleckchen Erde wieder. Nicht unbedingt weil sie wollen, sondern weil sie sich dazu gezwungen sehen. Dann ist alles weg – die früheren Sozial- und Bewirtschaftungsstrukturen und das (vorgeblich durch Landtitel -also private Eigentumsrechte – “gesicherte”) Land. Wer die Sicherung privater Landtitel für eine ultimative Schutzstrategie für Kleinbauern hält, der greift zu kurz. Gleiches gilt für die weit verbreitete Annahme, Partizipation sei fast schon Emanzipation.

Wer also die Verschlankung des Staates, die Zerschlagung müßig erkämpfter Infrastrukturen der Daseinsvorsorge und die Strategie der „Auslagerung” (das kennt man im Zeitalter der Globalisierung seit Jahrzehnten aus der Wirtschaft; die betriebswirtschaftliche Ratio hat längst  vom Staat Besitz ergriffen) als Form der “Ermutigung zum Commoning” beschreibt, der blendet entweder die „Machtverhältnisse“ aus (wie de Angelis befürchtet; aber ich kenne nicht viele Commoners, die das tun. Ich persönlich bin jedenfalls vom ständigen und oft frustrierenden Abarbeiten an den Machtverhältnissen zu der Beschäftigung mit den  Commons gekommen) oder er/sie hat einen Commonsbegriff, den ich schwer nachvollziehen kann. Solch ein Commonsbegriff schien zu meiner Verwunderung auch auf dem Workshop durch, etwa wenn Massimo de Angelis sagt:

„könnten als zweierlei verstanden werden. Als Alternative zum kapitalistischen Markt – aber auch als zentrales feature der ständigen Ausweitung dieses Marktes.“

Nein, man kann Commons nicht als zentrales feature der Ausweitung der Marktsphäre begreifen, sondern nur als deren Zurückdrängung, was nicht ausschließt, dass hybride Formen existieren (etwa Commonsbasierte Produktion als Teil der Produktion für den Markt, wie auch bei den Geschäftsmodellen Freier Software, aber viel deutlicher noch bei facebook, flickr u.a.). Man kann aber die Cooptation (die Vereinnahmung) der Commons als zentrales feature der ständigen Ausweitung dieses Marktes begreifen. Doch diese Formulierung macht einen erheblichen Unterschied.

Hier brauchen wir einfach konzeptionelle Klarheit und eine gute Analyse (die der Machtverhältnisse eingeschlossen). Wir müssen klar haben, wann und warum wir die Kontrolle über unsere Ressourcen abgeben. Wir müssen lernen, uns gegen jegliche Vereinnahmung zu wehren. Wir müssen lernen, die „silent enclosure of the commons“ zu dechiffrieren (aktuelles Stichwort: Rio+20 – das halte ich eigentlich für die größte Herausforderung. Erst dann können wir uns dagegen wehren. Widerstand gegen diese Einhegungen und vor allem das Schaffen neuer Gemeingüter gehören zusammen. Es sind gleichermaßen wichtige Elemente auf der Agenda der Commonsbewegung.

Keine Regierung kann Commoning verordnen. Das ist keine furchtbar komplizierte Botschaft. Und man muss nicht mal erst die Machtverhältnisse analysieren, um diese Botschaft zu vermitteln 😉 Nochmal: Big Society à la Cameron hat mit Commons nix zu tun, gar nix. Es ist schlicht ein sich Stehlen aus der Verantwortung, ein unverschämtes Raustreten aus von dieser Regierung selbst mitverursachten Problemen.

Foto: CC BY SA

6 Gedanken zu „Mit Big Society haben Commons nix gemein

  1. Zitat: „Andernfalls, fürchtet auch Massimo de Angelis, werden die communities mit der Zeit die Kontrolle wieder abgeben, und zwar an jene, die Zeit und Geld haben. Zumal ‘Markt und Staat’ selbstredend versuchen, die Krise für die Erweiterung ihrer Macht zu nutzen.“

    Ich wundere mich sehr, daß die communities keine eigenen Vorstellungen entwickeln. wie sie sich aus der finanziellen Abhängigkeit von „Markt und Staat“ lösen könnten.

    Aus meiner Sicht brauchen sie ein eigenes, gesetzliches Wertschöpfungsverfahren zur Finanzierung von sozialen und gemeinnützigen Aufgaben.

    • @ Gerhard Hein: Ja, so kann man das formulieren, man kann es auch so formulieren: Sie brauchen neue Verfahren zur Reproduktion ihrer Lebensbedingungen. Da sind wir uns grundsätzlich einig.
      Mein Punkt ist: Auf dem Big-Society Weg werden diese Verfahren nicht entwickelt und nie entstehen.
      Ich kritisiere ja hier nicht die communities, sondern den Ansatz der Big Society.
      Aber um mal einen Blick auf die communities zu werfen: gerade das TTM zeigt ja, dass sich communties aus dieser Abhängigkeit lösen können – dafür brauchen sie eben keine von Cameron verordnete Big Society.

  2. @ „“Solch ein Commonsbegriff spielte zu meiner Verwunderung auch auf dem Workshop eine Rolle: Commons, so meint de Angelis,

    „könnten als zweierlei verstanden werden. Als Alternative zum kapitalistischen Markt – aber auch als zentrales feature der ständigen Ausweitung dieses Marktes.“

    Nein, Massimo, man kann Commons nicht als zentrales feature der Ausweitung der Marktsphäre begreifen, sondern nur als deren Zurückdrängung, was nicht ausschließt, dass hybride Formen existieren (etwa Commonsbasierte Produktion als Teil der Produktion für den Markt, wie auch bei den Geschäftsmodellen Freier Software, aber viel deutlicher noch bei facebook, flickr u.a.).““

    I think that this line of argument and way of thinking about capital expansion originally comes from Rosa Luxemburg and addresses the concepts of enclosure and primitive accumulation in a way that is very useful, because it highlights how capital interests recreate commons in order to be able to enclose them again.

    Those are the dynamics which were referred to in the introduction to the workshop – and I was there – and they are quite important.

    I think a concept of commons that does not recognise both the historical fact of enclosure *and* the continuous character of enclosure in the dynamics of capital is only getting half the picture and that the half that is missing is crucial for resistance strategies, since in the study of these dynamics the expansion of capital is revealed as historical lessons.

    It is, with all due respect, not year one of the commons movement or the concept of commoning – the struggle’s first well known moments unfolded in 1215-1225 in England – and for hundreds of years following that peasants all over Europe fought to keep their rights of commoning, but capital won and the peasants were rendered working class. In their newfound wage-labour existence – as a kind of Polanyian double movement phenomenon – the defeated peasants, now workers, recreated commons in unionising processes (as commentators note, a lot of socialistic union and mobilisation work was in the sports clubs, not only in the workplace proper).

    As these workers‘ commons – organised from below – recreate the infrastructure and sustain the reproductive aspect of the economy, they can expand a bit, also in the interest of capital, since they are buffer zones for a new round of enclosures – capital can enclose these commons once again without destroying the reproductive base entirely – just adding a bit more pressure, pain and suffering – but just enough that they can recreate themselves as new commons for future enclosure.

    Whatever has been built up can be enclosed (again). Another way of thinking about this is how environmentalists built commons in their practices of developing low-impact living – knowledge commons of all kinds – that have since become central – in their bastardised forms – to green capitalism.

    Capital thrives on enclosure and if nothing exists, then it must be invented for that purpose.

    It is this sense – of course here in my idiosyncratic reception – of Rosa Luxemburg’s updating of Marx’s version of Smith’s primitive accumulation – that I suspect can be found in the meaning of the words of De Angelis. It is not exactly a new idea and predates any contemporary commons protagonists. More importantly, it also throws light upon the intergenerational nature of commoning struggles (which the „year one“ sound byte cuts off).

    In that way it is not so straightforwardly easy to discard the kind of analysis that brings Big Society into the commons debate, because it precisely shows where defences have to build: there where capital expands.

    Of course you can discard it all and develop a new concept of commons, but a good argument that adequately responds to decades of work in this context would be required, I’d say. Throwing it away in the way done here rather points to a misunderstanding than a refutation.

    • @j4ymp:
      Es wird ein bisschen länger, denn ich muss einiges zitieren, ach ja ich schreibe auf deutsch weiter, ok?
      >
      > I think that this line of argument and way of thinking about capital expansion originally comes from Rosa Luxemburg and addresses the concepts of enclosure and primitive accumulation in a way that is very useful,

      Du meinst das Konzept der Landnahme? Ja, das ist zentral…

      > because it highlights how capital interests recreate commons in order to be able to enclose them again.

      …aber ich müsste bei Luxemburg nachlesen, ob diese Wendung stimmt “recreate the commons in order to be able to enclose them again.” Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich meint, dass Commons
      quasi als Reproduktionsbedinung des Kapitals bewußt geschaffen wurden. Kann da jemand helfen? Literaturhinweis willkommen. Aber selbst wenn das so ist. Meine Argumentation ist ja eine ganz Andere.

      > Those are the dynamics which were referred to in the introduction to the workshop – and I was there – and they are quite important.

      Ja, diese Einleitung in den Workshop wurde ja verlinkt und auch teilweise hier im Beitrag referiert. Natürlich ist das Konzept der Landnahme wichtig (ongoing enclosures sind jeweils neue/ andere Formen dieser Landnahme). Da sind wir uns doch völlig einig. Es gibt natürlich jenseits unserer Debatte viele Menschen, die „ongoing enclosures“ übersehen, aber nicht weil sie das Konzept der Landnahme oder die Gefahr der Instrumentalisierung von communities nicht ernst nähmen, sondern weil sie die sozialen Prozesse nicht aus der historischen Perspektive der
      „enclosures“ analysieren, die Du ja in Deiner Antwort schön beschreibst; weil sie gewissermaßen keine Commonsbrille aufhaben. Man muss enclosures als historischen Prozesse zunächst „sehen“ lernen … dann sind sie leider überall.
      Und genau das habe ich versucht auch im Falle der Big Society Diskussion zu beschreiben. Big Society, das ist eine Form der Entmächtigung
      von commoners, aber gewiss kein Commons.
      >
      > I think a concept of commons that does not recognise both the historical fact of enclosure *and* the continuous character of enclosure in the dynamics of capital is only getting half the picture and that the half that is missing is crucial for resistance strategies, since in the study of these dynamics the expansion of capital is revealed as historical lessons.
      >
      Aber selbstverständlich. 100 % einverstanden. Genau dazu habe ich einen Beitrag geschrieben. Big Society als mögliche enclosure. Deswegen ist es ja auch so wichtig, dass wir uns mit neuen Technologien auseinandersetzen von Synbio bis Nanotech, dass wir die Strategien der G20 analysieren, ein Auge auf die WTO, auf ACTA und die WIPO haben. Ich finde, das ist völlig unumstritten (und das war es für mich auch schon auf der ICC, deswegen ist z.B. Der Workshop mit Mooney und Moody, wo wir alle eine große Kontroverse erwartet haben, so “friedlich” verlaufen. Weil das eben alle sehen: “digital” and “natural” commoners sozusagen).

      > It is, with all due respect, not year one of the commons movement or the concept of commoning – the struggle’s first well known moments unfolded in 1215-1225 in England –

      Natürlich ist es nicht Jahr eins der Commonsbewegunge. Das steht ja auch nicht da: Sonder es steht da: year one of the GLOBAL commons movement. Und das war es im 13. Jahrhundert eben nicht. Es war keine globale Bewegung.
      Und vom Jahr eins des Commoning würde ich im Leben nicht reden. Man könnte umgekehrt eher sagen: Commoning ist so alt wie die Menschheit (denk an die Mammutjagd)

      > the defeated peasants, now workers, recreated commons in unionising processes (as commentators note, a lot of socialistic union and mobilisation work was in the sports clubs, not only in the workplace proper). As these workers‘ commons – organised from below – recreate the infrastructure and sustain the reproductive aspect of the economy, they can expand a bit, also in the interest of capital, since they are buffer zones for a new round of enclosures – capital can enclose these commons once again without destroying the reproductive base entirely – just adding a bit more pressure, pain and suffering – but just enough that they can recreate themselves as new commons for future enclosure.

      Auch hier wieder – generelle Zustimmung, wobei ich nicht glaube, dass die Nichtzerstörung der Reproduktioven Basis, der notwendigen Ressourcen zur Reproduktion gleich der Erhalt oder die Reproduktion von Commons ist. In den letzten Jahrzehnten funktionierte dieser Mechanismus in einigen Ländern über den sog. Wohlfahrststaat und nicht über die Commons.
      >
      > Whatever has been built up can be enclosed (again).

      So ist es.

      > Capital thrives on enclosure and if nothing exists, then it must be invented for that purpose.

      Stimmt, aber dieses “nothing” ist nicht immer gleich ein Commons. Meistens sind es eben nur “common pool resources”, was etwas völlig anderes ist.

      > In that way it is not so straightforwardly easy to discard the kind of analysis that brings Big Society into the commons debate, because it precisely shows where defences have to build:

      Ja natürlich. Sag ich doch. “it shows, where the defences have to build”, aber wenn Du das zeigen willst, ist es ein Fehler, die Big Society als eine Form des Commoning zu interpretieren. Die einzig mögliche Interpretation ist – eben im Lichte der Geschichte – dass die Big Society eine (neue, subtile) Form der
      enclosure ist. Erst dann wird ein Schuh draus. Und dafür braucht man gar kein “neues Commonskonzept”, sondern nur – wie Du auch sagst -einen Blick in die Geschichte.

      • @: „…aber ich müsste bei Luxemburg nachlesen, ob diese Wendung stimmt “recreate the commons in order to be able to enclose them again.” Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich meint, dass Commons quasi als Reproduktionsbedinung des Kapitals bewußt geschaffen wurden. Kann da jemand helfen? Literaturhinweis willkommen.“

        I don’t think that she said that, neither do I think that I said that she did – what I did say was that the line of argument included in the introduction to the workshop builds on ideas from RL and I also said that I think you either misunderstand or misprepresent that line of argument in what is therefore neither a refutation, nor a response, but speaking at cross-purposes with out-of-context references.

        For what concerns literature, it might be a good idea to get it from the horse’s mouth, i.e. the person you argue with, since he has written about it (a decade back, when there were globalisation struggle inspired meetings around notion of commons also):

        Massimo De Angelis: Marx and primitive accumulation: The continuous character of capital’s “enclosures”:

        Klicke, um auf 02deangelis.pdf zuzugreifen

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