Indische Johads: Wasser als Gemeingut

Demnächst werde ich in München zum Thema Wasser als Gemeingut diskutieren. Guter Anlaß, um das Thema Wasser auf dem Blog prominenter zu platzieren.

Im trockenen Norden von Indien ist schon seit Jahren eine Tendenz zur Wiederbelebung lokaler Wasserinitiativen beobachtbar, so der Council of Canadians in Local Control of our Water Commons.

Monsunregen einerseits, Dürre andererseits. Wie das zu händeln ist, zeigt die NGO Tarun Bharat Sangh (TBS) im ariden Rajasthan. Die Leute in den Dörfern bauen mit Unterstützung von TBS Johads. Das sind …halbmondförmige Teiche – stabilisiert durch aufgeforstete Flächen – die dabei helfen, Regenwasser zu ernten und den Grundwasserspiegel zu heben. Wenn der Monsunregen nieder geht, sammeln sich in den Johads viele kleine Bäche und Quellen aus einem Gebiet von ca 100 ha. In den bis zu 5 m tiefen Teichen wird das Wasser über die gesamte Trockenzeit gespeichert. Durch das Anstauen hat das Wasser Zeit, um allmählich im Boden zu versickern (statt, den Boden mitreißend, abzufließen). Jeder Johad ist anders, je nach Bodenbeschaffenheit oder Topographie.

In Rajasthan ist die Regenernte überlebenswichtig. Die Region leidet unter Wasserknappheit und Wasserstress. Rajasthan hat schätzungsweise 5,4 Prozent der nationalen Bevölkerung und 13,9 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche, doch nur 1,16 Prozent des nationalen Anteils von Oberflächenwasser, und nur 1,7 Prozent der Grundwasservorkommen.

Der Arzt Rajendra Singh und Kollegen von TBS haben in ihrem Einsatz für die Wiederbelebung lokalen, gemeinschaftlichen Wassermanagements voran allem auf die Frauen gesetzt. Sie haben im ländlichen Indien üblicherweise die Verantwortung für die Beschaffung sicheren Trinkwassers.

Die Zahlen und Ergebnisse sind beeindruckend:

  • Zwischen 1985 und 2003 wurden über 5000 Johads gebaut. Jährlich kommen ca 400 hinzu. Wassersparende Landwirtschaft ist wieder möglich, die Menschen kehren auf ihre Dörfer zurück.
  • Fünf Flüsse, die früher nach der jährlichen Monsunzeit versiegten, sind wiederbelebt. Der Freitag nennt Singh den Flussmacher.
  • Der Grundwasserspiegel hebt sich um mehrere Meter.
  • Die für den Wasserschutz essentiellen Waldflächen, nehmen signifikant zu (in einigen Regionen um 33 Prozent).

TBS hat zudem gewaltfreie Aktivitäten der Gemeinschaften gegen wasser-intensive Industrieansiedlungen oder Privatisierungsbestrebungen unterstützt.

„Wichtig ist hierbei, daß die gesamte Verantwortung für die Planung, Durchführung und Kontrolle der Maßnahmen in den Händen der lokalen Selbstverwaltungskörperschaften liegt, da ohne das Verantwortungsbewußtsein der gesamten Bevölkerung keine langfristige Aufrechterhaltung möglich ist.“ schreibt die CDU-nahe Konrad Adenauer Stiftung in Dürre ist ein politisches Problem im Jahr 2000.

Und die gesamte Bevölkerung zum Mitmachen zu bewegen, braucht Zeit. von „endlosen Diskussionen, die mehrere Jahre dauern können“, berichtet Singh.

Schlüssel zum Erfolg war das traditionelle Wissen. Johads gab es nämlich in der Region von alters her. Doch sie waren in Vergessenheit geraten. Singh wurde von einem alten Mann in der Region in die Kunst des Johadbaus eingeweiht. Zur rechten Zeit.

Auch die Umweltorganisation Center for Science and Environment (CSE) hat vor über 20 Jahren damit begonnen, die traditionelle Methoden der Regenwasserernte zu dokumentieren und Pilotprojekte aufzubauen. Sunita Narrain, prominente Umweltaktivistin und Direktorin von CSE hat zu unserem Buch „Wem gehört die Welt“ einen Beitrag beigesteuert, der verdeutlicht, wie das traditionelle Chouka-System den Menschen ermöglicht, jeden der raren Tropfen Wassers so zu nutzen, dass Futtermittel- und damit Milchproduktion erhöht werden. Und zwar so, dass die Menschen in den Dörfern davon leben können.

(Narrains Text: „Wenn Märkte wirklich für Menschen arbeiten“ findet sich hier, S. 149-151.)

„Die Rückgewinnung der Allmende stellt dabei den ersten Schritt zur Reaktivierung dieser Flächen dar.“, schreibt Narrain.

Anders gesagt, die Kontrolle der Menschen über ihre Ressourcen, über Wald, Wasser, Land ist Bedingung für tragfähige Lösungen vor Ort. Der Staat spielt hierbei nicht immer eine rühmliche Rolle. Im zitierten Beispiel versuchten die indischen Behörden den Bau von Johads zu blockieren. Sie hielten sie für „unwissenschaftlich“.

 Foto; by International Rivers, Lizenz: CC: BY, NC, SA
(und nicht des Staates, der im zitierten Beispiel den Bau von Johads für „unwissenschaftlich“ hielt)

Ein Gedanke zu „Indische Johads: Wasser als Gemeingut

  1. Pingback: ‘faladji’ heißt ‘teilen’: Wüstenwassermanagement « CommonsBlog

Hinterlasse einen Kommentar