Was meint HABEN in einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen?

institut-solidarische-moderneBin gerade zurück von der Summer Factory des Instituts für Solidarische Moderne, die sich als

„Labor für mosaiklinke Wissensproduktion“

versteht und

„Akteur_innen aus Politik, Kultur, Wissenschaft, Gewerkschaft, sozialen Bewegungen und NGOs“ zusammenbringt, um „die strategischen Bedingungen gesellschaftlicher Veränderung“ zu reflektieren und zu diskutieren.

Zugegeben, ich gehe nicht sehr erwartungsvoll zu Veranstaltungen, auf denen das Etikett „Strategiedebatte“ klebt. Der Begriff „Strategie“ wird m.E. inflationär gebraucht, dabei verstellt er meist den Blick auf reale Prozesse. De facto aber scheitert selbst die beste Strategie regelmäßig an ganz realen, kleinen Dingen (z.B. A hat einfach kein Vertrauen zu B). Erstes Fazit: Wichtiger als Strategieprozesse sind Prozesse der Vertrauensbildung. Oder für jene, die auf die schillernde „Strategie“ nicht verzichten wollen: Die beste Strategie ist Vertrauensbildung.

Am Freitag Abend gab’s eine Podiumsdiskussion, während der viel von der „Mosaiklinken“ die Rede war. Ein Teilnehmer bemerkte abschließend, dass die

„Mosaiksteine (auf dem Podium) eher nebeneinanderliegen statt ein Bild zu formen.“

Halb so schlimm, das Formen des Mosaikbildes stand für den Samstag/Sonntag auf dem Programm.

Ich möchte hier nur einige Aspekte notieren, die während des Eröffnungspodiums nicht zur Sprache gekommen sind, was ein Schlaglicht auf den Diskurs wirft (ihn skizziert, nicht abwertet):

  • Eigentum; geschweige denn „geistiges Eigentum“ (dazu mehr unten)
  • Der Begriff „Nachhaltigkeit“ (i.s.V. Erhalt Lebensgrundlagen, ökologische Grenzen usw.). Er kam nur in dem Satz vor: „Wir müssen eine organisatorische Nachhaltigkeit in diese Debatte bringen.“
  • Lebensqualität (ausgenommen in einer Frage von Sabine Leidig)
  • Suffizienz / Lebensstile
  • Fähigkeiten, Fertigkeiten, Selbstsentfaltung –> soziale Praktiken
  • Freiheit

Akteure, die nicht im Blick (und in meiner Wahrnehmung auch nicht anwesend): Piraten, Maker-Szene, Freie Kultur- und Software-Szene, DIY Bewegung, Open Access Bewegung, P2PSzene … um ein paar Beispiele zu nennen. Und das ist mein zweites Fazit: Die gesellschaftliche Mosaiklinke, so wie sie sich im ISM trifft (grundsätzlich ein sehr, sehr wichtiger Ort für Begegnung und Debatte!) ist nicht bunt genug. (Mehr zum Auftaktpodium gibt’s hier.)

Gerade die sehr diversen kulturellen Milieus der Commons-Szene sind für mich so inspirierend. Sie bringen die produktiv-kreativen Knirschzonen hervor, die es braucht, um nach vorne zu denken. Commonsdebatten verlaufen nicht nur „jenseits von Markt und Staat“, sondern auch „jenseits von Links und Rechts“. (alter Hut)

Ich war übrigens eingeladen, um über Transformationsstrategien im Kontext der Mitte-Links-Regierungen in Lateinamerika zu diskutieren, aber diesen Teil lasse ich hier weg (er kam letztlich leider nur rudimentär vor).

Alle Workshops sollten Thesen formulieren, die irgendwie um die allgemeinste aller Fragen kreisten:

„Was für eine Transformation wird überhaupt angestrebt?“

(Über das: „Wie kommen wir dahin?“ wurde erst am Schluss diskutiert. Das fand ich gut, weil man ohnehin nirgendwohin bzw überall ankommt, wenn man sich nicht über das Wohin verständigt.) Die Antwort von Frieder Otto Wolf lautete:

„Angestrebt wird eine sozial-ökologische Transformation, die den Einstieg in die Überwindung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse ermöglicht.“

Es geht also nicht um Effizienz oder Suffizienz, Lebensstile oder Ordnungspolitik … es geht um’s Ganze, um andere Produktionsverhältnisse und damit um anderen gesellschaftliche Verhältnisse. Erfreulich fand ich in diesem Zusammenhang die Ergebnisse des Workshops zu „Linker Politik und Ökonomie“ hat (war leider nicht dabei). Dort wurde die These formuliert, das Transformationsprojekt bestehe in einer: Konfliktiven Demokratisierung in einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen.

Dies auszuführen, würde einen Wunsch von Alex Demirović vom Eröffnungspanel erfüllen (der übrigens tatsächlich behauptet hat, es gäbe „keine Diskussion zu einer gesamtgesellschaftlichen Veränderung außer vielleicht Postwachstum“). Demorović sagt zu Recht, es brauche keine Schwerpunktthemen oder Minimalkonsense, sondern

„eine Vision, ein verallgemeinerbares universelles Interesse formulieren müssen, in das ganz viele Vorstellungen passen.“

Eben.  Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformationsstrategie ist also mindestens zweierlei: permanente vertrauensbildende Prozesse zwischen den Akteuren (hey, öfter mal miteinander feiern!) und eine Vision (die griffige Formulierung eines Paradigmas) in die viele Vorstellungen passen (das ist übrigens sehr zapatistisch formuliert). Die Commons-Szene arbeitet daran, so  nehme ich das wahr.  Sie tut es von unten, empirisch fundiert, wissenschaftlich unterstützt aber nicht getrieben. Sie läuft damit oft unter dem Radar öffentlicher Wahrnehmung durch, was ich durchaus gut finde, weil es vorerst Schutz bietet.

Und sie stellt auf diese Weise auch die Machtfrage. Denn die Rede vom Paradigmenwechsel ist m.E.  alles andere als „verharmlosend“, wie Frieder Otto Wolf (mich) kritisierte. Sie greift vielmehr die Herrschaftsstrukturen an ihrer stabilsten Stelle an: am mindset, an den scheinbar unumstößlichen Kernideen, auf denen sie beruhen, auf den „mentalen Infrastrukturen“. Wenn wir von den Neoliberalen etwas lernen können, dann vielleicht dies: Sie haben den Paradigmenwechsel zunächst gedacht, versprachlicht und versprochen und dann mit staatlichen Institutionen (durchaus gewaltsam) implementiert.

Wie immer nun das Paradigma des 21. Jahrhunderts aussieht: Es wird sich wegbewegen (müssen) von Normierung, Standardisierung und Algorithmisierung, von der Verbetriebswirtschaftlichung aller Lebensbereiche und der kapitalismusförmigen Kolonialisierung unseres Denkens.

Und damit hin zu unserem (klitzekleinen) Versuch der Konkretisierung einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen. Wir haben uns im Rahmen des Open Space (Sonntag) diesem Unterfangen gestellt. In einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen stellt sich zunächst einmal nicht die Frage, „ob dann der Markt noch funktioniert„, sondern wie wir konkret das gute Leben reproduzieren können. Entsprechend würde ich auch auf die während der Summer Factory mehrfach formulierte Idee reagieren, dass die Linke klären müsse, ob die (soziale, ökologische, solidarische) Marktwirtschaft die Antwort bzw. das Transformationsprojekt sei. Welche Rolle der Markt in einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen spielt, wird die Praxis zeigen. Eine Ökonomie des Gemeinsamen muss das Ganze des Haushaltens (und nicht nur die Chrematistik) betreffen und kann nicht als Markt-Staat-Ökonomie gedacht werden. Sie muss zudem in der Lage sein, die „Brot und Butter Themen“ (soziale Sicherung) gemeinsam mit dem wachsenden Bedürfnis nach Lebensperspektive/ Zeitsouveränität, Selbstbestimmung/ Komplementarität von verschiedenen Lebensbereichen zu denken.

Es blieb im Open Space nur eine knappe Stunde Zeit. Auf der Zielebene waren wir uns relativ rasch einig: Eine Ökonomie des Gemeinsamen heißt: eine lebensdienliche; ‚dem Guten Leben dienende‘ Form des Haushaltens zu entwickeln, die

  • bedürfnisorientiert ist und im Einklang mit der Natur steht
  • die Menschenrechte respektiert
  • die Entfaltung der Potenziale Aller + des Ressourcenpools ermöglicht

Alles zugleich, versteht sich. Wir analysierten schließlich einen Aspekt, der ansonsten in der Summer Factory kaum vorkam: Eigentum. Denn auch in einer Ökonomie des Gemeinsamen stellen wir ständig eine Beziehung zu den Dingen um uns herum her und damit zu den je-Anderen. Und nichts anderes ist Eigentum: eine Institution, die soziale Beziehungen strukturiert. Diese Beziehung muss jedoch grundsätzlich anders gestaltet werden als heute. Unsere Ideen dazu will ich im Folgenden notieren. Es ist eine erste Skizze, die wir hier und anderswo weiterdiskutieren können:

Was heute Eigentum heißt wäre in einer Ökonomie des Gemeinsamen:

  • nutzungsgebunden → Besitzförmigkeit statt Eigentumsförmigkeit. Wenn ich etwas nicht nutze oder brauche, gehört es mir auch nicht. Gebe ich die Nutzung auf, erledigen sich auch die Pflichten, die mit der Nutzung verbunden sind. Wenn ich etwas hingegen immer brauche und nutze, so wie die Atmosphäre, gehört es mir genauso wie allen anderen auch.
  • teilhabezusichernd → Mein Mitbesitz und meine konkrete Nutzung darf nicht den Mitbesitz der/s Anderen beschädigen oder minimieren. Ist umgekehrt meine Nutzung von der Nutzung anderer betroffen, habe ich als Mitbesitzer_in ein Mitspracherecht und in einigen (zu definierenden) Fällen ein Vetorecht (Hannes, der übrigens die open space Gruppe einberufen hat, hat mich in diesem Zusammenhang auf das all-affected-principle aufmerksam gemacht.)
  • enkeltauglich → Mein Tun darf nicht den Mitbesitz künftiger Generationen beschädigen. Kriterium dafür sind Indikatoren starker Nachhaltigkeit. Handlungsleitend ist die Maxime: Handle so, dass auch die 7. Generation nach Dir noch die gleiche Lebensqualität vorfindet.
  • sorgend tragend/ behütend* →  ein Besitzrecht beinhaltet die Pflicht zum Beitrag. Dieser kann entweder darin bestehen kann, all das, was aus den Commons entsteht zu teilen und frei zugänglich zu halten (bei Dingen, die mehr werden, wenn wir sie teilen). Oder es kann darin bestehen, die jeweils genutzte Sache wieder aufzufüllen, herzustellen oder der Regeneration zu überlassen (bei Dingen, die weniger werden, wenn wir sie teilen. Es gibt also eine Schutzpflicht für den gemeinsamen Ressourcenpool.
Und wie immer das dann heißt (hätte gewiss einen anderen Namen); es muss einklagbar sein.

———————–

Ein letzter Gedanke noch, ein kleines PS zum parteipolitischen Teil der Sommer-Factory: Ich glaube, Parteien sollten – auch im Wahlkampf – nicht fragen:

„Was wollt Ihr“?

Sondern:

„Was macht Ihr? Was macht Ihr gut? Was verändert Ihr und wie kann man Euch dabei unterstützen?“,…

denn in der ersten Frage schwingt unterschwellig mit, die Parteien selbst (so an der Regierung) könnten gesellschaftliche Transformation leisten. Aber gesellschaftliche Tranformation kommt woanders her. Von den Rändern.

Anmerkungen:

1. *auf die ersten drei Begriffe konnten wir uns verständigen. Wir haben sie allerdings nur benannt, der Versuch der Ausformulierung stammt von mir und ich stelle ihn hiermit zur Diskussion. Umstritten war der letzte Punkt. Dafür haben wir keinen treffenden Begriff gefunden. Das hier ist mein Vorschlag. Zum Abschießen freigegeben.

2. einen „Rein in die Kuschelecke? Raus aus der Kuschelecke!“-Blick auf die Summer Factory (eh, warum heißt die eigentlich nicht Sommerfabrik?) bietet Till Westermayer.

 

20 Gedanken zu „Was meint HABEN in einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen?

  1. Es geht also nicht um Effizienz oder Suffizienz, Lebensstile oder Ordnungspolitik … es geht um’s Ganze, um andere Produktionsverhältnisse und damit um anderen gesellschaftliche Verhältnisse.

    Äh, bei FOW wohl eher darum, dies nicht als Gegensatz zu sehen sondern als eine sich gegenseitig bedingende (historische) Bewegung. Ansonsten: Danke für den Bericht.

  2. Demorović sagt zu Recht, es brauche keine Schwerpunktthemen oder Minimalkonsense, sondern “eine Vision, ein verallgemeinerbares universelles Interesse formulieren müssen, in das ganz viele Vorstellungen passen. (…) Welche Rolle der Markt in einer Politischen Ökonomie des Gemeinsamen spielt, wird die Praxis zeigen. Eine Ökonomie des Gemeinsamen muss das Ganze des Haushaltens (und nicht nur die Chrematistik) betreffen und kann nicht als Markt-Staat-Ökonomie gedacht werden.

    Ein verallgemeinerbares universelles Interesse sollte es sein bzw.(für die nächsten Jahrzehnte), den ganzen menschliche Stoff(bedeutungs)wechsel, d.h. das gesamte menschliche Für- und Voneinander in allen seinen sozialen bzw. ökologischen Dimensionen auf Grundlage eines – am Ende weltgemeinschaftlichen – Nachhaltigkeitsmanagements zu stellen.

    Man mag das Vison nennen, ich halte das schlicht für eine Notwendigkeit, um die wir kaum herum kommen werden.

    Eine solche Perspektive kann sich nicht allein außerhalb der Sphäre von Markt und Staat entwicken.

    Sie müsste zum Fixpunkt aller möglicher Ansätze von den Commons über die Debatten rund um die Formulierung von UN-Nachhaltrigkeitszielen oder um eine „ökologische Zivilisation“ (wie derzeit in China) bis hin zum Green New Deal werden. Und eine solche Orientierung (oder meinetwegen „große Erzählung“) könnte das (das flexible Fixieren) m.E. auch leisten..

    • Ein versehentlich gelöschtes Wörtchen hat den ganzen Satz ganz und gar unverständlich gemacht. Deshalb noch einmal

      Ein verallgemeinerbares universelles Interesse sollte es sein bzw.(für die nächsten Jahrzehnte) werden, den ganzen menschliche Stoff(bedeutungs)wechsel, d.h. das gesamte menschliche Für- und Voneinander in allen seinen sozialen bzw. ökologischen Dimensionen auf Grundlage eines – am Ende weltgemeinschaftlichen – Nachhaltigkeitsmanagements zu stellen.

  3. Eine Ökonomie des Gemeinsamen heißt: eine lebensdienliche; ‘dem Guten Leben dienende’ Form des Haushaltens zu entwickeln, die bedürfnisorientiert ist und im Einklang mit der Natur steht, die Menschenrechte respektiert, die Entfaltung der Potenziale Aller + des Ressourcenpools ermöglicht.

    Damit sind wesentliche Dinge angedeutet. Den Sinn der Metapher „lebensdienlich“ verstehe ich allerdings nicht recht. Dass die Entwicklung einer „Ökonomie des Gemeinsamen“ keine todesdienliche Ökonomie schaffen soll, versteht sich doch von selbst. Auf solche sprachlichen Lockduftwölkchen sollte man zugunsten einer rationellen Verständnisökonomie verzichten.

    bedürfnisorientiert und im Einklang mit der Natur

    Hier müsste das UND hervorgehoben werden oder noch deutlicher: „zwar bedürfnisorientiert aber im Einklang mit der Natur“.

    Wobei ich statt von Einklang (eine allzu idealisierend klingende Metapher) lieber von Verträglichkeit sprechen würde.

    „Bedürfnisorientiert“ klingt mir außerdem noch zu sehr nach einer bürgerlich-liberalen Schlaraffenperspektive.

    Bei der Herstellung einer naturfreundlichen „Ökonomie des Gemeinsamen“ sollte es im Wesentlichen doch um die Entwicklung einer mitmenschlichen (über Forschung, Kommunikation, und gemeinsame Festsetung und Kontrolle von Regeln funktionierende) und ökologisch versierten VERMITTLUNG von Bedürfnissen und zu deren Befriedigung aufzubringende Kosten sozialer bzw. ökologischer Natur gehen. (Arbeitsaufwand, Naturverbrauch, Gefährdung von Wohlergehen oder Enkeltauglichkeit usw.). Was selbstverständlich auch das (gemeinsame) Hinterfragen von Bedürfnissen einschließt.

    Und das die Entwicklungeiner Ökonomie des Gemeinsamen perspektivisch die privateigentümliche, nationastaatliche usw. Vermittlung über Tauschwerte ersetzt weil Tauschwertproduktion bzw. tauschwert basierte Vergesellschaftung nur (mehr schecht als recht) den (unter bornierten Verhältnissen) notwendig afzubringenden Arbeitsaufwand (bzw. die Verfüngung darüber) spiegeln kann und hinreichende gesamtgeselschaftliche bzw. ökologische Rationalität nicht zulässt.

  4. Was heute Eigentum heißt wäre in einer Ökonomie des Gemeinsamen:
    Nutzungsgebunden → Besitzförmigkeit statt Eigentumsförmigkeit.

    Naja, die anarchistische Marotte unbedingt den Begriff „Eigentum“ überwinden zu wollen und damit die Trennschärfe zwischen privat- und gemeineigentümliches Zweckbestimmungsvermögen zu verwischen, vernebet hier die Sicht.eher.

    Eine Entfetischisierung (und damit Entideologisierung) des Begriffs scheint angebracht. Eigentum ist nichts anderes als Zweckbestimmungsvermögen. Die Enwickung einer Ökonomie der Gemeinsamkeit verändert die Formen und damit die Möglichkeiten der Zweckbestimmung, und schafft sie natürlich nicht zugusten des Genussvermögens oder sonst was ab.

  5. Zwei Dinge dazu:
    Erstens gibt es m.E. nur einen graduellen und keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Gemein- und Individualeigentum (beides ist Privateigentum).
    Zweitens geht es gar nicht um’s Abschaffen (nennen Sie das Marotte, wenn sie mögen), sondern um die Frage, wie man vermittelt, dass der Fokus auf der tatsächlichen Nutzung liegt.
    Es gibt z.B. einige Ländern, in denen man nur Hausbesitzer und kein Hauseigentümer ist, weil der Grund und Boden grundsätzlich keinem Individuum gehören kann, aufgrund seiner Eigenschaft als „uns Gemeinsames“. Und dennoch nutzen und verstehen diese Menschen „ihr Haus“, „ihre Wohnung“ ganz individuell. Sie verstehen sie als ihnen eigen. Das muss irgendwie benennbar werden. Gern mit einem anderen (kreativeren) Begriff als „Besitz“. Aber mit welchem?

    • Zweitens geht es gar nicht um’s Abschaffen (…), sondern um die Frage, wie man vermittelt, dass der Fokus auf der tatsächlichen Nutzung liegt.

      Mein Einwand war ja nur, dass es nichts bringt und nur Verwirrung stiftet, das Wort Eigentum zum Unwort zu erklären und zu diesem Zweck gemeineigentümliche Entscheidungsrechte und -pflichten mit privateigentümlichen gleich zu setzen.

      Es gibt z.B. einige Ländern, in denen man nur Hausbesitzer und kein Hauseigentümer ist, weil der Grund und Boden grundsätzlich keinem Individuum gehören kann, aufgrund seiner Eigenschaft als “uns Gemeinsames”. Und dennoch nutzen und verstehen diese Menschen “ihr Haus”, “ihre Wohnung” ganz individuell. Sie verstehen sie als ihnen eigen. Das muss irgendwie benennbar werden. Gern mit einem anderen (kreativeren) Begriff als “Besitz”. Aber mit welchem?

      Ich kann mir eine Zukunft ohne Privatbesitz an Produktionsmitteln (außerhalb des eigenen Körpers) vorstellen. Im Allgemeinen und insbesondere auch an Grund&Boden und an Gebäuden.

      Eine Unterteilung in Nutzungsrechte und -pflichten bzw. Nutzungsregeln auf der einen Seite und auf der anderen Seite Nutzungsvergaberechten und -pflichten bzw. Nutzungsvergaberegeln bleibt m.E. eine überghistorische Notwendigkeit.

      Nutzungsvergaberechte und -pflichten z.B. an Wohnhäusern könnten sich gliedern in solche die auf der Ebene von Häuserblocks gelten, auf der Ebene eines Kiezes, von Stadtteilen, Städten und überregionalen Ebenen,wo nach Maßgabe globaler Entwiclungsziele über örtliche Entwicklungskonzepte mitentchieden würde.

      Ich stelle mir vor, dass dies Teil einer gemeineigentümlichen Stadt- und Regionalplanung sein könnte, die in ein globales Nachhaltigkeitsmanagement einbezogen wäre.

      Nutzungsrechte könnten teilweise an ein Mindestmaß an Mitwirken an der Block- oder Kiezgestaltung gekoppelt sein. Es ließe sich eine Unterteilung vorstellen in eine nette Grundausstattung, die immer mal weder neuen Möglichkeiten und Notwendigkeiten angepasst wird und für gehobene Ansprüche, deren Nutzung man sich in irgend weiger Weise verdienen müsste.

      Es ließen sich viele Mischformen denken. Etwa nach dem Vorbild von Künstlerhäusern, die Schriftstellen, Bildhauern usw. für eine gewisse Zeit zur Verfügung stehen. Jedenfalls Verhältnisse, die den patriarchialischen Bauerhof mit seinen Vererbungsregeln (und -streitigkeiten) endlich hinter sich lassen.

      • „Eine Unterteilung in Nutzungsrechte und -pflichten bzw. Nutzungsregeln auf der einen Seite und auf der anderen Seite Nutzungsvergaberechten und -pflichten bzw. Nutzungsvergaberegeln bleibt m.E. eine überhistorische Notwendigkeit.“

        Genau diesen Punkt versuchen wir eigentlich zu umkreisen. Das sollte durch die Adjektive – die nur zusammen zu denken sind – transportiert werden. Den Grundgedanken jedenfalls teile ich, das ist die Aufgabe. Die ist in eine Sprache zu fassen.

  6. Erstens gibt es m.E. nur einen graduellen und keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Gemein- und Individualeigentum (beides ist Privateigentum).

    Meines Erachtens richtet man damit allerdings ein heilloses Kuddelmuddel an. Gemeineigentum mag als Rechtsfom oder soziale Tatsache gesehen werden. Aber es macht keinen Sinn, es als sein Gegenteil auszugeben.

    Gemeineigentum als soziale Tatsache ist das tatsächliche Vermögen zur gemeinsamen Zweckbestimmung,,und als Rechtsform die Form, in der die GEMEINSAMKEIT der Zweckbestimung.festgeschrieben / geschützt / garantiert wird.Es ist wie gesagt das genaue Gegenteil der privaten Zweckbestimmung (Privateigentum) .

    Jeder ist natürlich frei,seine privaten Bestimmungen einzubringen. Aber ich sehe keinen Grund, hier hinter Marx zurück zu gehen:

    Die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende kapitalistische Aneignungsweise, daher das kapitalistische Privateigentum, ist die erste Negation des individuellen, auf eigne Arbeit gegründeten Privateigentums. Aber die kapitalistische Produktion erzeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigne Negation. Es ist Negation der Negation.

    Diese stellt nicht das Privateigentum wieder her, wohl aber das individuelle Eigentum auf Grundlage der Errungenschaft der kapitalistischen Ära: der Kooperation und des Gemeinbesitzes der Erde und der durch die Arbeit selbst produzierten Produktionsmittel.

    Marx: Das Kapital, MEW Bd. 23, S. 791

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  8. Ich würde Marx so lesen:
    individuelles Eigentum = auf eigne Arbeit gegründetes Privateigentum
    Gemeineigentum (sagt er nicht explizit, aber kann verstanden werden als) = auf gemeinsame Arbeit gegründetes Privateigentum

    … und beide (können) sich doppelt negieren.

    • 🙂

      So: .

      Individuelles oder auch gemeinsames Privateigentum an Produktionsmitteln (außerhalb des eigenen Körpers und inklusive Wohnungen) = alleiniges NutzungsVERGABErecht bzw. -vermögen = alleinige Bestimmung der Zwecke durch ein Individium.oder ein Unternehmen (in der Regel im Rahmen der Gesetze und was die Konkurrenz erlaubt)

      Gemeineigentum an Produktionsmitteln (außerhalb des eigenen Körpers und inklusive Wohnungen) oder auch individuelles Nutungsvergaberecht bzw. -vermögen mittels Mitbestimmung = gemeinsamer Bestimmung der Zwecke. (Im Rahmen übergreifender Ziele, Vereinbarungen, Grundsätze, Menschenrechte usw.)

      Davon mag man dann jeweils die individuelle Inbesitznahmerechte und individuellen Nutzungsvermögen über die Produktionsmittel unterscheiden,die entweder allein (privat) oder gemeinsam (mit-)bestimmt sind..

      Dabei ist wie immer eine Vermischung von Kategorie und Emperie zu vermeiden. In der Parxis vermischt sich beides. Das eine kann z.B. innerhalb eines historischen Prozesses (Vergemeinschaftungsprozesse oder Privatisierungsprozesse) ins andere übergehen und es entstehen Misch- oder Keimformen. (Ideen können z.B. auch Instanzen sein, die ein Privatunternehmen unter Umständen – in Grenzen – zum Subjekt gemeineigentümlicher Entwicklungen machen kann)

      Und natürlich schützt(e) eine Fischereikooperative ihr gemeinschaftliches Nutzungsvergaberecht bezüglich eines Stücks vom Meer, einer Bucht oder bestimmter Seen (d.h. iher von ihnen als Common formierte Produktionsmittel) gegen ungebührliche Anspüche Einzelner oder Dritter.

      Die dürfen das dann „Privateigentum“ schimpfen oder eine angebliche Tragedy of the Commons beklagen. Dabei wären, wie wir wissen, sie selbst ja diejenigen, die privateigentümliche Aneignung verlangen und die Tragödie heraufbeschwören.

  9. Eine Entfetischisierung (und damit Entideologisierung) des Begriffs scheint angebracht. Eigentum ist nichts anderes als Zweckbestimmungsvermögen.

    Letztere These nenne ich Ideologie. Denn die Zwecke sind vorgegeben — Verwertung von Wert — allein mittels welcher Weise von Produktion und welcher Produkte. liegt im Vermögen der Eigentümer. Diesen fremden Zwecken nicht zu folgen, muss man sich erstmal leisten können.

    • Eine Entfetischisierung (und damit Entideologisierung) des Begriffs scheint angebracht. Eigentum ist nichts anderes als Zweckbestimmungsvermögen

      Das Recht bzw. Vermögen zu bestimmen, wer bestimmte Produktionsmittel (außerhab des eigenen Körpers) wie und zu welchem Zweck nutzen darf (Nutzungsvergaberecht) trifft es besser. Das Zweckbestimmungsvermögen ist in der Tat stets ein gesellschaftliches und im Falle des Zweckbestimmungsvermögens kapitalistischer Tauschwertakkumulation im Hinblick auf die zu produzierenden Gebrauchswerte von der Nachfrage und deren Kaufkraft, den technischen Möglichkeiten, den Fähigkeiten der Konkurrenz, gesetzlicher oder sozialen Standards usw. , ,

      Letztere These

      Das heißt die hier erst genannte…

      nenne ich Ideologie. Denn die Zwecke sind vorgegeben — Verwertung von Wert — allein mittels welcher Weise von Produktion und welcher Produkte. liegt im Vermögen der Eigentümer. Diesen fremden Zwecken nicht zu folgen, muss man sich erstmal leisten können.

      Siehe meine Einlassung weiter oben (zweiter Abschnitt).

      Ich halte es allerdings für einen fatalen Irrtum (und einen wesentlichen Grund der Entfremdung zwischen Kapitalismusgegner und sozialen Bewegungen), die Bestimmung von Produktionszwecken in Gesellschaften mit kapitalistischer Produktionsweise auf das Profitmotiv bzw. den Zwang zur Tauschwertakkumulation zu reduzieren. Das hieße, das gegenwärtige Füreinander ausschließlich aus dem Blickwinkel der kapitalistischen Unternehmen zu sehen. So können natürlich keine Entwicklung innerhalb des kapitalistischen Zirkus.ausgemacht werden an die anzuknüpfen wären.

      .

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