Ein großes Bündnis für Gemeingüter

Michel Bauwens von der P2P Foundation mit einem kurzen Plädoyer für Ein großes Bündnis für Gemeingüter. Es folgt eine deutsche Fassung:

Meinen Arbeiten über P2P-Theorie liegt eine ziemlich einfache Idee zu Grunde. Eine Formel, die die Krise des globalen neoliberalen Kapitalismus, wie ich glaube zutreffend – beschreibt.

Beruhend auf dem Irrglauben, die Natur sei unendlich reich an Ressourcen, die von der Menschheit ohne Rücksicht auf die Endlichkeit unseres Planeten, d.h. auf die  Erneuerungszyklen der Natur etc … genutzt werden können, ist die Natur zum Gegenstand der Ausbeutung und zum Müllschlucker geworden. Das nenne ich „Pseudo-Fülle“.

Beruhend auf dem Glauben, der sich – wie aus Studien immer wieder hervorgeht –  ebenso­ als Irrglaube erwies, dass der Austausch von Wissen für Innovation, Kultur und Wissenschaft künstlich zu beschränken ist, wurde diese Beschränkung so überzogen, dass Monopole und ihre rentenbasierten Einkommen geschützt werden. Das nenne ich künstliche Verknappung.

Daher muss eine nachhaltige Wirtschaftsweise beides umkehren. Sie muss die Grenzen der natürlichen Sphäre anerkennen und ihre Erneuerungszyklen respektieren, und sie muss die künstlichen Verknappungen so lockern, dass Wissen und Innovation freier fließen können, zum Wohle aller. Der Punkt ist: Wir können das erste Problem nicht lösen, wenn wir das zweite nicht angehen. (Herv. S.H.)

Allerdings könnten wir uns Lösungen für die oben genannten Probleme vorstellen, die ohne Rücksicht auf das Wohl aller durchgesetzt werden, die also die nicht minder wichtige Forderung nach sozialer Gerechtigkeit ignorieren. Daher brauchen wir noch ein drittes Bein für unseren Schemel.

Wir können diese drei Dinge angehen, wir können Pseudo-Fülle und künstliche Verknappung in einem Kontext sozialer Gerechtigkeit umkehren, indem wir existierende und derzeit erstarkende soziale Bewegungen anschauen.

Die Umweltbewegung und all jene, die Nachhaltigkeitskriterien in unsere physische Produktion integrieren wollen, sind notwendige Verbündete für den Schutz unserer Biosphäre.

Die Bewegung für soziale Gerechtigkeit besteht aus zahllosen sozialen Kräften, die sich für die Interessen der Arbeiter und Bauern einsetzen und auf lokaler, nationaler und globaler Ebene für sozial gerechte Strukturen streiten.

Der gegenwärtige Impuls für Peer-to-Peer bringt nun eine weitere soziale Bewegung und einen potentiellen Partner dieses Großen Bündnisses ins Spiel: es ist die Bewegung, die sich für den freien Austausch von Wissen, Kultur und Innovation einsetzt. Das ist der Beitrag der Bewegung für Freie Kultur und für Open Access, der Computer-Hacker und vieler anderer zur Bekämpfung künstlicher Knappheit.

Jede dieser Bewegungen hat seine eigene, andere ergänzende Vision einer Welt, in der  Gemeingüter und die Zivilgesellschaft im Mittelpunkt stehen. Für die Umweltbewegung, sind die Erde und ihre Ressourcen ein Gemeingut, dessen Tragfähigkeit geschützt werden muss. Die Bewegungen für soziale Gerechtigkeit wollen sicherstellen, dass die Früchte der physischen Gemeingüter fair verteilt werden, so dass niemand von den Grundlagen des Wohlergehens ausgeschlossen ist, und die Bewegungen für Freie Kultur schützen die digitalen Allmende der Bildung, des Wissens, der Wissenschaft und Innovation.

Und genau darum geht es beim großen Bündnis für die Gemeingüter; das gemeinsame Interesse dieser großen sozialen Bewegungen an der Widerstandskraft, Nachhaltigkeit und Selbstentfaltung (thrivability) der natürlichen und sozialen Gemeingüter anzuerkennen.

Dieses große Bündnis zu schmieden ist die politische Aufgabe des 21. Jahrhunderts.

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