Papierbücher: umständlich, uncool und unattraktiv

schreibt Rüdiger Wischenbart über die Lust junger chinesischer Autoren  am Onlinebuch. Doch coole online Publikation sind keine gesellschaftsverändernde Alternative zu uncoolen Papierbüchern. Wischenbarts Quelle ist der chinesische Erfolgsautor Lu Jinbo. Das Geschäftsmodell (wahrlich nichts Neues) sieht so aus:

„Nun sind die online verbreiteten Romane keineswegs digitale Nachschöpfungen von Goethes ‚Wahlverwandtschaften‘. Nicht einmal der in China lange Zeit so populäre Stefan Zweig steht Modell. Vielmehr gehe es … um Fantasy – mit epischen Fortsetzungsromanen,… deren schierer Umfang von Millionen von Wörtern nicht so recht in gedruckte Bücher passt, sowie um Kolportageromane über den Lebensalltag der jungen Leute in den wilden Städten. Viel von diesen Romanen steht gratis im Netz, doch spätestens ab der Hälfte muss man für den Zugang bezahlen.

Lockvogelangebote.

Daneben gibt es bei Wischenbart interessante Infos, wie Bertelsmann mit Vermarktungsstrategien aus der analogen Welt in China auf der Nase landet, wie Literatur immer mehr von Lesern gemacht wird (reader generated literature) und darüber, dass Romanliteratur und die plots raffinierter online Spiele mehr und mehr gemeinsam haben.

Die Chinesen, feiern also das online-Buch …  und ich hadere mit der „kleinen“ Druckauflage, die mir/uns die Verleger für das Commonsbuch zugesprochen haben. Warum eigentlich? Das Buch geht online, damit ist die Verbreitung garantiert. Und darum geht es.

Es wird mit einer CC Lizenz versehen. Das oben skizzierte oder ein anderes „Geschäftsmodell“ steht aus diversen Gründen ohnehin nicht zur Debatte und alle Konzepte und Gedanken, die der Sammelband beherbert, gehen umgehend in Gemeinbesitz über. Sie dürfen also weiterverbreitet, bearbeitet und mit anderen geteilt werden. Genau das war die Idee.

Auch bei Wischenbarts Beschreibung von hype der online-Vermarktung von Literatur wird deutlich: Der zentrale Unterschied liegt nicht in der Infrastruktur, nicht im „Medium“, das die Ideen trägt. Wie gesagt: Coole online Publikation sind keine gesellschaftsverändernde Alternative zu uncoolen Papierbüchern. Sondern lediglich Ausdruck der permanenten Veränderung der Welt um uns herum. Vorangetrieben von der rasanten Veränderung der Technologien, die Produktions- und Verwertungsmodelle immer wieder zerstört und neu erfindet.

Es geht auch nicht (nur) um die Frage „Markt“ oder „Nicht Markt“, Geld verdienen oder nicht. Sondern, darum, ob ich bereit bin, anzuerkennen, dass nicht jede Idee, die von mir aufgeschrieben wurde, auf dem eigenen Mist wuchs. Selbst wenn -in der Komplexität intertextueller Bezüge– vieles nicht zitierbar ist. Bin ich bereit abzuwägen und zu teilen? Und in welcher Lizenz drückt sich diese Bereitschaft aus?

Die Frage ist also nicht nur, woher kriege ich meine Brötchen (die ist auch wichtig und „commons based economy“  muss genauso für die Versorgung sorgen wie Marktwirtschaft), sondern: Was will ich über die Brötchen hinaus? Für mich und für die Gesellschaft, dessen Teil ich bin.

Ich will die Wissensallmende erweitern. Ich will, dass die Idee der Commons die größtmögliche Verbreitung findet. Deshalb geht das Buch online. Und deshalb sollte der Höhe der Druckauflage in meinem emotionalen Haushalt der Patz zugewiesen werden, der ihr gebührt. Ein Vorzimmerplatz.

Foto on flickr by pedro ramundo

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